Van Alltag I Reisen
94 Tage Wohnen im Camper, 179 Tage nicht mehr in der Schweiz, 240 Tage nicht mehr im Büro und 252 Tage ohne eigene Wohnung.
Ja, alles ist schon lange her. Unser lang ersehnter Traum ist nun schon seit einiger Zeit Wirklichkeit. Wir sind erstaunt und auch etwas erschrocken darüber, wie schnell man sich an neue Umstände gewöhnt. In diesem Blog berichten wir über unseren Alltag als Vanlifers, Overlanders, Reisende, Globetrotter oder einfach unser Leben; was auch immer es sein mag, was wir hier tun.
Alles wird plötzlich normal
Lange haben wir uns auf unsere grosse Reise vorbereitet. (Lies dazu auch den Blog: Vorbereitungen - «bis zum Umgheie»). Wir haben uns oft gefragt, wie das sein wird, die Wohnung zu kündigen oder wie das sein wird, nicht mehr zu arbeiten oder wie das sein wird, endlich unterwegs zu sein. Wir Menschen bereiten uns immer in einer gewissen Art und Weise auf das Kommende vor und malen uns die neue Situation in unseren Gedanken aus. Manchmal intensiver und manchmal weniger intensiv. Im Falle unserer Reise haben wir uns im Voraus bestimmt eher zu viel als zu wenig Gedanken darüber gemacht. Wir haben uns ausgemalt wie das Leben als Reisende wohl sein könnte, wie es sein wird im «gefährlichen» Südamerika unterwegs zu sein oder wie es sein wird, das Leben im Camper. Um unsere Erkenntnis dazu schon mal vorneweg zu nehmen: Man gewöhnt sich an alles, und zwar ultraschnell!
Irgendwann ist auch das, was sich im Voraus als ultraspeziell, ungewiss und aussergewöhnlich anfühlt, plötzlich einfach Alltag. Einerseits schade, andererseits wohl auch gut, sonst wäre man ja ständig angespannt, nervös oder ungeduldig am Warten auf irgendetwas. So jedenfalls erlebten wir die vielen Veränderungen in den vergangenen neun Monaten. Wir freuten uns immer auf das was kommt; auf die Reise. Und jetzt ist sie da, und das schon lange und es ist plötzlich «ganz normal», täglich an einem neuen Ort zu erwachen.
Uns ist sehr bewusst, dass das, was wir hier tun können, alles andere als «normal» ist. Es ist ein riesiges Privileg, in so jungen Jahren die Möglichkeit zu haben, Job und Wohnung zu kündigen und mit dem eigenen Fahrzeug beziehungsweise der eigenen Wohnung einen komplett anderen Kontinent zu bereisen. Und genau diese Dankbarkeit wollen wir uns immer wieder bewusst machen. – Auch wenn das Leben als Reisende für uns jetzt Alltag ist.
Unser Alltag
Erwachen, aus dem Bett heraus direkt aufs Meer blicken und anschliessend Kaffee draussen in der Sonne geniessen. Genau so stellt man (bzw. Instagram und Youtube) sich das sogenannte Vanlife doch vor. (Wir sehen uns ja so überhaupt nicht dieser Community angehörig, aber doch sind wir es halt irgendwie trotzdem.) Und ja, manchmal ist es auch genauso. Nur manchmal halt auch nicht!
Manchmal fühlt sich unser Alltag an wie Dauerferien – zugegeben dieser Teil ist schon gross. :-) Gerade, wenn man mitten in der Woche tolle Ausflüge macht oder man an einem Dienstagmittag ein Zmittag auf einem Weingut geniesst. Manchmal wünscht man sich aber auch, einfach nur einen sicheren Ort zum Schlafen zu haben und sich vor allem keine Gedanken darüber machen zu müssen.
Alles in allem geniessen wir das Reisen einfach sehr! Wir lieben es, mit unserem Auto an Orte zu kommen, welche nur per Privatfahrzeug erreichbar sind. Wir lieben es, zu sehen, wie sehr sich die Landschaft von Kilometer zu Kilometer verändert. Und wir lieben es darüber auszutauschen, wie unterschiedlich es hier (oder in der RCA) doch ist im Vergleich zu unserer Heimat, der Schweiz.
Oft passiert halt aber auch einfach gar nichts Spektakuläres. Denn zwischen den coolen und schönen Sehenswürdigkeiten, sind wir viel damit beschäftigt unsere Route zu planen und die nächsten Ziele oder Schlafplätze herauszusuchen. Da die Strecken hier so enorm lange sind, verbringen wir viel Zeit mit Fahren. Und wenn wir gerade nicht am Planen oder Fahren sind, geht viel Zeit für den ganz normalen Alltag drauf. Kochen, Putzen, Wäsche waschen, Aufräumen- und Umräumen, am Bus herumwerkeln oder Abwaschen. (Die Geschirrspülmaschine in der Schweiz vermissen wir echt sehr!) Das alles ist überhaupt nicht tragisch oder schlimm. Es ist einfach so. Das Alltägliche braucht einfach viel mehr Zeit, als wir uns das aus unserer auf Effizienz optimierten Schweizer Kultur gewohnt sind. Wäsche waschen lief bei uns Zuhause einfach nebenbei; im Homeoffice in der Kaffeepause kurz eine Wäsche aufhängen und eine Neue starten. Wohingegen es hier mindestens einen ganzen Tag in Anspruch nimmt, da man zuerst eine Wäscherei heraussuchen, dort hinfahren, die Wäsche abgeben und dann am nächsten oder teilweise auch übernächsten Tag wieder abholen muss.
Trotzdem geniessen wir eben genau DAS (meist) unglaublich fest. Alles dauert einfach so lange, wie es eben dauert. Wäsche waschen beansprucht hier nun mal einen ganzen Tag. Zugegeben manchmal geht es uns hier in Südamerika doch gar etwas zu gemütlich zu und her, beispielsweise wenn man am Supermarkt so lange warten muss, weil die Leute an der Kasse einfach ultralangsam arbeiten. Alles ist eben «tranquillo». :-)
8m2 Wohnfläche – unser Zuhause
Gegen Ende der Ausbauphase unseres Busses, konnten wir kaum mehr Freude für dieses Gefährt, was später unser Zuhause sein soll, empfinden. Der Ausbau nahm einfach viel zu viel Zeit in Anspruch. Nachtschichten waren gegen Ende des Ausbaus an der Tages- bzw. Nachtordnung. Aber mittlerweile sind wir echt mehr als zufrieden mit unserem Bus und dem Innenausbau. Obwohl der Jumper die Gravel Road (Schotterpiste) nicht so mag (und wir auch nicht) leistet er super Arbeit und bringt uns ohne Probleme an alle Orte und Stellplätze! Wir haben die Geländegängigkeit des Citroen Jumpers echt unterschätzt. :-)
Nach unseren Startschwierigkeiten mit dem Wasserschaden (Siehe dazu Blog) hält nun alles im und am Bus bestens und es lässt sich prima wohnen. In unserem Bus sind viele Dinge und Annehmlichkeiten verbaut, worüber wir seeeehr glücklich sind. Hier einige Beispiele 1) Das Stromsetup: Dank der drei Solarzellen auf dem Dach, dem Ladebooster und der grossen Batterie können wir fast ausschliesslich mit unserem mobilen Induktionskochfeld kochen. Bei sonnigem Wetter bereitet das besonders viel Freude, wenn man die Kochstelle kurzerhand nach draussen verlagern kann. 2) Die Standheizung und dessen Verteilsystem: Unsere Dieselstandheizung war gerade im südlichsten Teil Südamerikas oft in Gebrauch. Dank dem installierten Verteilsystem in drei Teile, lässt sich die warme Luft wahlweise im Schlafbereich, der Dusche (zum Trocknen von nassen Kleidern) oder im Sitzbereich einstellen. 3) Die Dusche an sich, inklusive Boiler: Das Duschen im Bus lieben wir. So sind wir nicht von öffentlichen Duschen abhängig und können uns mit warmem Wasser frisch machen, wann wir wollen. Fragt gerne unsere Reise-Freunde, wie es so ist, hier bei uns zu duschen. 4) Grösse/der Ausbau an sich: Im Vergleich zu einer normalen Wohnung fehlt uns hier im Bus nichts. Klar, alles ist enger und kleiner, aber alles ist vorhanden. Und ganz so eng ist es auch gar nicht: Wir haben getestet: Im Sitzbereich lassen sich sogar Aperos mit bis zu sechs Leuten veranstalten.
Was wir übrigens auch sehr geniessen und wofür wir ebenfalls viel Zeit investieren, ist das Kochen und Essen. In der Schweiz kam bei uns das Kochen oft etwas zu kurz, und wir bereiteten immer die ähnlichen Menus zu. Jetzt möchten wir unser Können am Kochherd verbessern und feine und abwechslungsreiche Menus kreieren. Und dazu sind wir auch ausgerüstet: Ein Gaskochfeld, ein Induktionskochfeld, ein Omnia-Backofen (für alle Campingleute, die noch keinen haben: unbedingt beschaffen!) und ein Mini Green Egg (Nicht für Campingleute, da es eigentlich viel zu schwer ist für im Camper. Dessen sind wir uns aber bewusst, trotzdem lieben wir es. :-) Aber für alle, die gerne und gut grillieren, kochen, backen usw. möchten.)
Unsere bisherigen Koch-Highlights sind: Schoggimuffins im Omnia, Flammkuchen mit selbst gemachtem Teig im Omnia, Apero-Oliven mit Knoblauch auf dem Green Egg, Naan-Brot auf dem Green Egg, Pizza auf dem Green Egg, frische, selbstgemachte Limonade (mit dem Pürierstab, der auch dabei ist). Selbstverständlich sind wir um weitere Tipps und Rezeptideen dankbar. :-)
Die Stunden, in denen wir nicht Kochen, Planen oder Fahren beschäftigt sind, nutzen wir, um unsere mitgenommenen Sachen auszureizen. Sei dies eine Runde mit dem Stand Up-Paddle auf dem See zu drehen, ein Kartenspiel zu machen, eine Runde Badminton zu spielen oder natürlich zu Fotografieren und Videos zu machen.
Ihr seht, langweilig war es uns bis jetzt noch nie und wird es uns auch nicht so schnell werden. Die Tage vergehen wie im Flug und wir freuen uns auf die weiteren Stunden im Bus, unserem Zuhause auf Rädern. Denn: «It’s not a slow car, it’s a fast home».
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